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Kunststoffe aus Getreide – Die umweltfreundliche Alternative

Flaschen aus Kunststoff

Kunststoffe aus Getreide werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen, denn Plastik und andere Kunststoffe sind ein Problem: Sie sind nicht biologisch abbaubar, ein großer Teil davon landet nicht in Wiederverwertungsanlagen, sondern in den Meeren, im Wald oder auf illegalen Müllkippen in der Natur. Hinzu kommt, dass das Recycling aufwendig ist, weswegen der Müll nur unzureichend wiederverwendet wird. Bei der Herstellung werden schädliche Chemikalien eingesetzt, die durch Abfälle wieder freigesetzt werden.

Mit der Zeit zerfällt Plastik zu winzigen Partikeln, Mikroplastik genannt. Mikroplastik fällt allerdings nicht nur durch Abbau an, sondern wird auch bewusst z. B. in Kosmetikprodukten eingesetzt oder entsteht beim Waschen von Kleidung mit Kunststofffasern. Mikroplastik kann zunehmend in den Körpern von Menschen und Tieren nachgewiesen werden.

Plastikmüll aufsammeln am Strand

Angesichts dieser und weiterer Probleme müssen Anstrengungen unternommen, um nicht nur generell den Verbrauch von Plastik zu reduzieren und das Recycling zu verbessern, sondern nachhaltigere Materialien zu entwickeln. Umweltfreundliche, lange haltbare, vollständig recyclebare bzw. biologisch abbaubare Materialien wie Kunststoffe aus Getreide zu entwickeln, ist hier das Ziel.

Kunststoffe aus Getreide – die nachhaltige Alternative zu Plastik

Getreide und seine Nebenprodukte können in vielfältiger Weise als Alternative zu Kunststoff verwendet werden. Allerdings müssen verschiedene Aspekte beachtet werden, denn es kann nicht der Sinn sein, einen schädlichen Stoff durch einen zu ersetzen, der vielleicht in einem Bereich besser ist, durch den aber dann neue Probleme entstehen.

Um Kunststoffe aus Getreide als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichem Plastik zu etablieren, gibt es einige Herausforderungen, die unter anderem die mechanischen Eigenschaften, die langfristige Haltbarkeit, die Verarbeitbarkeit sowie die Kosten im Vergleich zu konventionellen, auf Erdöl basierenden Kunststoffen betreffen.

Darüber hinaus muss auch auf die mögliche Konkurrenz zwischen der Nahrungsmittelproduktion und der Herstellung von Bioplastik aus Getreide geachtet werden, ähnlich wie beim Biodiesel. Wenn Nahrungsmittel für Kunst- oder Kraftstoffe nicht zusätzlich, sondern anstatt für die Ernährung angebaut werden, kann daraus nicht nur ein generelles Versorgungsproblem, z. B. bei Missernten werden, sondern es verteuert auch die Nahrungsmittel gerade für die Menschen, die diese für wenig Geld anbauen. Umweltaspekte und sozialökonomische Faktoren müssen daher ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Bewertung der Nachhaltigkeit solcher Alternativen spielen.

Potenziale und Herausforderungen

Kunststoffe aus Getreide herzustellen, bietet zahlreiche Vorteile, hat aber auch seine Tücken. Einige Vorteile liegen auf der Hand, wie der Umweltschutz und die biologische Abbaubarkeit. Da Biokunststoffe wie Kunststoffe aus Getreide aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, können sie dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck zu verringern und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren.

Weizenfeld - Kunststoffe aus Getreide können z. B. aus Weizenabfällen hergestellt werden.

Doch auch das Potenzial für die Wirtschaft ist nicht zu verachten, denn es ist klar, dass die heutige Plastikflut dringend eingedämmt werden muss. Der Markt für Biokunststoffe ist ein Nährboden für Innovationen und kann daher auch neue Arbeitsfelder schaffen. Dazu gehören neue Anwendungen, Verbesserungen bei der Verarbeitung und Mechanik sowie die Entwicklung neuer Getreidesorten speziell für die Herstellung für Biokunststoffe sind nur einige Beispiele. Und die steigende Nachfrage nach grünen Alternativen bietet Chancen für Landwirte, Hersteller und Unternehmen, die sich auf nachhaltige Materialien spezialisieren.

Schwierigkeiten bei der Herstellung und Verwendung von biologischen Plastikalternativen wie Kunststoffe aus Getreide liegen unter anderem in der Menge, denn ihre Produktion muss in einem Maßstab erfolgen, der mit herkömmlichen Kunststoffen konkurrieren kann, oder noch besser, diese schnellstmöglich ersetzen kann. Da gilt es nicht nur in Forschung und Entwicklung zu investieren, um bessere Produkte herzustellen, da einige Biokunststoffe noch nicht dieselbe Performance bieten wie traditionelle, sondern auch mit der mächtigen Industrie, besonders großen Konzernen und der Erdölindustrie, zu konkurrieren.

Daher müssen Biokunststoffe mehr offensichtliche Vorteile bieten und vor allem keine neuen Probleme hervorrufen, vor allem nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen. Die derzeit oft höheren Kosten werden sich aber durch bessere Marktdurchdringung neutralisieren können.

Insgesamt wird die Zukunft der Biokunststoffe entscheidend von Forschung und Entwicklung sowie regulatorischen Rahmenbedingungen abhängen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und politischen Entscheidungsträgern ist erforderlich, um den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu unterstützen. Mit dem Engagement von Verbrauchern, Investoren und Gesetzgebern können Biokunststoffe aus Getreide einen wesentlichen Beitrag zu einer saubereren Umwelt und zu einer nachhaltigen Zukunft leisten.

Beispiele für Kunststoffe aus Getreide

Getreide kann in vielfältiger Weise als Alternative zu Plastik verwendet werden, besonders Polymere sind in diesem Bereich interessant. Hier sind einige Beispiele, wie biobasierten Materialien bzw. umweltfreundliche Kunststoffe aus Getreide oder dessen Nebenprodukte für verschiedene Bereiche genutzt werden können:

  • Biokunststoffe aus Stärke: Einige Kunststoffe können aus der Stärke gewonnen werden, die in vielen Getreidearten enthalten ist. Die Stärke kann in einem chemischen oder fermentativen Prozess in Polymere umgewandelt werden, die ähnliche Eigenschaften wie herkömmliche Kunststoffe aufweisen, aber biobasierend und oft biologisch abbaubar sind. Produkte wie Verpackungsmaterialien, Einkaufstüten und Einweggeschirr können aus solchen Biokunststoffen gefertigt werden.
  • Cellulose-basierte Kunststoffe: Getreidepflanzen enthalten Cellulose, die ebenfalls als Basis für Biokunststoffe dienen kann. Aus Cellulose lassen sich umweltfreundliche Kunststoffalternativen herstellen, die zum Beispiel für die Produktion von Folien oder festen Gegenständen eingesetzt werden können.
  • Verbundwerkstoffe: Bei der Herstellung von Verbundwerkstoffen (Composites) können Naturfasern aus Getreide oder anderen Pflanzen als Verstärkung in einem Kunststoffmatrixmaterial genutzt werden. Diese Naturfaserverbundwerkstoffe bieten Vorteile in Bezug auf Gewicht und ökologische Nachhaltigkeit und finden Anwendung beispielsweise im Automobilbau oder in der Bauindustrie. Hier ist natürlich zu beachten, mit welchen Verbundstoffen gearbeitet wird bzw. für was diese Verbundstoffe verwendet werden. Die vor einiger Zeit aufgekommene Mischung für Geschirr oder To-Go-Becher aus Bambus und Melaminharz ist ein negatives Beispiel, da durch Wärme giftige Stoffe freigesetzt werden.
  • 3D-Druck: Biokunststoffe, die auf Getreide basieren, können auch für den 3D-Druck verwendet werden. Filamente aus Biopolymeren wie PLA (Polymilchsäure), die oft aus Maisstärke gewonnen wird, sind bereits weit verbreitet im Bereich des 3D-Drucks.
  • Energetische Nutzung: Während dies nicht direkt eine Nutzung als Kunststoffalternative darstellt, kann Getreide oder Getreidereststoff auch energetisch genutzt werden, um Bioplastikherstellungsprozesse mit Energie zu versorgen, was wiederum die Nachhaltigkeit der gesamten Wertschöpfungskette erhöht, oder natürlich auch generell zur Stromversorgung oder Wärmeerzeugung.

Welche Getreidearten eignen sich am besten?

Hemden - Getreide statt Kunststoff für Kleidung

Hanf ist nicht nur für Textilien geeignet, sondern auch eines der vielfältigesten Materialien, um Kunststoffe aus Getreide herzustellen, da die Einsatzgebiete von Nutzhanf sehr umfangreich sind. Cellulose aus Hanf ist besonders umweltfreundlich, da er beim Anbau nur wenig Wasser und kaum Pestizide benötigt. Als Material für Seile beispielsweise ist Hanf schon sehr lange im Einsatz, er kann unter anderem aber auch genutzt werden für:

  • Papier
  • Sportartikel
  • Karosserien und Innenräume von Autos
  • Flaschen und andere Behälter
  • Möbel
  • Kleidung
  • Artikel aus Spritzgussverfahren
  • Kosmetik
  • Folien

Leider besetzt der Hanf trotz seiner vielen Einsatzgebiete noch immer nur eine Nische, was vor allen Dingen mit den sehr strengen Regeln für den Anbau zusammenhängt. Wenn diese einmal gelockert werden, kann Hanf einen großen Teil der Plastikproduktion ersetzen.

Neben dem Hanf ist auch Mais besonders geeignet, Kunststoffe aus Getreide herzustellen. Er bietet eine breite Palette an Verwendungsmöglichkeiten, allerdings verbraucht er auch mehr Wasser beim Anbau und benötigt die doppelte Wachstumszeit. Unter anderem kann Mais verarbeitet werden zu:

  • Folien für Haushalt oder Landwirtschaft
  • Material für den 3D-Druck
  • Verpackungsmaterial wie Kartons oder Styroporersatz
  • Tüten
  • Flaschen und andere Behältnisse
  • Geschirr
  • Plastikteile für Elektronikgeräte

Kunststoffe aus Getreideresten

Die Start up traceless materials, gegründet von Anne Lamp und Johanna Baare, hat einen innovativen Ansatz für die Herstellung von Plastik aus Abfällen von Getreide entwickelt. „traceless“ ist wörtlich gemeint: Das Material ist innerhalb weniger Wochen vollständig biologisch abbaubar und hinterlässt keine Spuren, selbst wenn Verpackungen oder Geschirr achtlos weggeworfen werden. Dazu werden bei der Herstellung auch keine schädlichen Chemikalien verwendet, und die CO2 Bilanz ist hervorragend. Da nur die Abfälle von Getreide verwendet werden, gibt es keine Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion.

Aus den Getreideresten wird ein Granulat hergestellt, das sich zu unterschiedlichsten Materialien verarbeiten lässt, unter anderem zu Verpackungsfolie oder sogar wasserabweisenden Beschichtungen, es kann aber auch Hartplastik ersetzen. Das Projekt wird von der IFA Hamburg und der EU gefördert. Offenbar gibt es bereits eine große Nachfrage nach diesem Produkt, es ist zu hoffen, dass es sich am Markt als nachhaltige Alternative zu Plastik durchsetzen kann, denn es ist sicher eines der vielversprechensten Projekte, Kunststoffe aus Getreide herzustellen. Mehr dazu können Sie hier nachlesen.

Weitere nachhaltige Alternativen zu Kunststoffen

Unternehmen weltweit zeigen, dass nachhaltige Materialien nicht nur ein grünes Image fördern, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bieten können. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige der innovativen Projekte vor, die Kunststoffe aus Getreide herstellen und einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.

  • Verpackungen: NatureWorks LLC produziert Polymilchsäure (PLA) aus Maisstärke. Ingeo™ wird für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt, darunter Lebensmittelverpackungen, Einweggeschirr und Textilfasern. Durch die Verwendung von PLA trägt NatureWorks dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und die bei der Herstellung entstehenden Treibhausgasemissionen zu senken. Ihre Produkte sind außerdem industriell kompostierbar, was ihre End-of-Life Umweltbelastung reduziert.
  • Spielzeug: Green Toys stellt sicheres, langlebiges Spielzeug aus Bio-PE-Harz her, das aus Getreidesirup gewonnen wird. Das Unternehmen zeigt, dass Kunststoffe aus Getreide robust und vielseitig sind und fördert nicht nur umweltfreundliche Produkte, sondern vermittelt auch eine starke Botschaft der Verantwortung und Nachhaltigkeit an Kinder und ihre Eltern.
  • Kleidung: NFW (Natural Fiber Welding) ist eines der Unternehmen, das mit faserbasierten Materialien die Modewelt revolutionieren wollen. Mithilfe von pflanzenbasierter Chemie und Verfahren zur Fasermodifizierung entwickeln sie Mirum™, ein 100% natürlicher, pflanzenbasierter Lederersatz, der vollständig frei von Plastik ist. Getreide spielt eine wesentliche Rolle bei der Herstellung von Mirum, da es in Kombination mit anderen Pflanzenstoffen die Grundlage des Materials bildet.

Fazit

Die vorgestellten Unternehmen und Projekte beweisen, dass es nicht nur möglich, sondern auch kommerziell machbar ist, Biokunststoffe aus Getreide für ein breites Spektrum von Produkten und Anwendungen zu nutzen. Besonders nachhaltig sind Produkte, die biologisch abbaubar sind, keine schädlichen Chemikalien oder Erdöl bei der Herstellung verwenden, möglichst klimaneutral hergestellt werden können und die nicht den Anbau von Nahrung beeinflussen.

Aber selbst dann muss die Verwendung von Kunststoffen insgesamt verringert werden und vor allem für eine korrekte Entsorgung bzw. für korrektes Recycling gesorgt werden. Bis dahin ist es sicher noch ein langer Weg, aber es zeigt sich, dass es in diesem Bereich viele tolle Innovationen gibt, denn neben Kunststoffen aus Getreide eignen sich ja noch sehr viele andere Materialien dafür, zu unterschiedlichsten Dingen recycelt zu werden, wie z. B. Geschirr aus Kaffeesatz.